Meer Fragen

Fragen und Ideenlauf im Wissenschaftsjahr 2022 – Nachgefragt!

Das Wissenschaftsjahr 2022 hat nachgefragt: Bürger:innen konnten online oder auf Veranstaltungen ihre Fragen an die Wissenschaft stellen, die im “IdeenLauf” weiter bearbeitet wurden.

Bürger:innen aus ganz Deutschland waren eingeladen, Fragen für die Wissenschaft einzureichen. Über 14.000 Fragen kamen zusammen. Entstanden ist daraus ein Ergebnispapier, das die Vielzahl von Fragen, individuellen Interessen und Lebensrealitäten vieler Menschen einordnet in insgesamt 59 Cluster und 9 Zukunftsräume. Gedacht als Ideenpool und Anregung für zukünftige Forschungsvorhaben und Forschungspolitik. Die Autor:innen wollen damit einen Beitrag dazu leisten, dass sich unsere Gesellschaft auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse positiv weiterentwickelt.

Das Ergebnispapier als PDF 

Der Ozean als größter Lebensraum ist auch für unser (Über-)leben auf dem „blauen Planeten“ von zentraler Bedeutung. In zwei Zukunftsräumen werden Artenvielfalt, natürliche Ressourcen und ein nahhaltiger Umgang mit den Küsten, Meeren und Ozeanen adressiert:

Die Ozeane spielen eine wichtige Rolle für das Weltklima. Sie speichern Kohlendioxid und wirken so dem menschengemachten Klimawandel entgegen.
Die Ozeane spielen eine wichtige Rolle für das Weltklima. Sie speichern Kohlendioxid und wirken so dem menschengemachten Klimawandel entgegen. | Bild: Ute Wilhelmsen

ZUKUNFTSRAUM 03 – WANDEL ZUR NACHHALTIGKEIT
Damit die Menschheit verantwortungsvoll handeln kann, sind eine gerechte Verteilung von Ressourcen zwischen den Erdteilen und Generationen sowie ein fairer Umgang mit ihnen nötig. Wissenschaft kann dafür Lösungen entwickeln – ebenso wie für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Biosphäre und für eine gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Das bezieht sich auf Ressourcen wie Wasser oder Energie und auf Wirtschaftssektoren wie Landwirtschaft.

Schnecke bei der Eiablage
Die vielfältigen Lebensräume der Küsten, Meere und Ozeane beherbergen eine reiche Artenvielfalt. Ihre Ökosystemdienstleistungen sind unverzichtbar für das Leben auf der Erde. | Bild: Dirk Schories

ZUKUNFTSRAUM 04 – BEZIEHUNG DES MENSCHEN ZUR NATUR
Unsere Lebensgrundlagen auf der Erde zu erhalten, ist die zentrale Aufgabe des 21. Jahrhunderts. Forschung kann die Wissensbasis dafür schaffen, das Erdsystem mit Land, Luft und Ozeanen zu erhalten, den Klimawandel aufzuhalten und letztlich eine lebenswerte Umwelt zu sichern. Dafür ist eine neuartige Beziehung des Menschen zur Natur erforderlich. In ihr müssen Lebensqualität und Gesundheit ebenso berücksichtigt werden wie ein nachhaltiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen und der Erhalt der Biodiversität.

Das Team vom Ocean Future Lab hat die Fragen, die der Bürger:innen zum Thema Meere gestellt hatten, gebündelt und nach Antworten gesucht. Häufig können die Antworten gar nicht eindeutig und umfassend genug sein oder sie führen zu neuen Fragen – ein wichtiges Prinzip auch in der Wissenschaft.

Wie werden Zerstörungen des Meeresbodens erfasst?

Leider viel zu wenig. Es ist sehr aufwändig, den Meeresboden systematisch und vergleichbar abzubilden, ganz besonders in der Tiefsee. Es gibt aber einzelne Forschungsprojekte zu dem Thema. Ein Beispiel befindet sich im so ge­nann­ten DIS­COL-Ge­biet im tro­pi­schen Ost­pa­zi­fik, etwa 3000 Ki­lo­me­ter vor der Küs­te Pe­rus. Dort hat­ten im Jahr 1989 deut­sche For­schen­de in ei­nem Man­gank­nol­len­ge­biet in 4000 Me­tern Was­ser­tie­fe den Mee­res­bo­den auf ei­ner Flä­che mit gut drei­ein­halb Ki­lo­me­tern Durch­mes­ser mit ei­ner Egge um­ge­pflügt, um ei­nen Ab­bau zu si­mu­lie­ren. Auch 26 Jah­re nach die­ser Stö­rung sind die Pflugs­pu­ren auf dem Mee­res­bo­den klar zu er­ken­nen. Das untersuchen die Forschenden regelmäßig mit Hilfe von Unterwasser-Robotern und werten die gesammelten Daten später an Land aus. Weitere Informationen dazu:

Was ist die Festlandsockelkommission der Vereinten Nationen?

Zunächst einmal: Was ist überhaupt der Festlandsockel? Die Antwort: Der Festlandsockel erstreckt sich von der Meeresküste bis zu Beginn der Tiefseezone. Doch warum muss es für diese Region eine Kommission der Vereinten Nationen geben? Das liegt daran, dass dieser Begriff eine besondere Bedeutung im Internationalen Seerecht hat. Dieses bestimmt den Rahmen bezüglich wirtschaftlicher Interessen, wie Fischerei, Schifffahrt oder die Förderung von Öl und Gas sowie anderer Rohstoffe.

Grundsätzlich ist es so, dass Staaten bis zu 200 Seemeilen vor ihrer Küste das Recht haben, die natürlichen Ressourcen im Festlandsockel zu erforschen und auszubeuten. Allerdings sind die Festlandsockel je nach den geologischen Voraussetzungen unterschiedlich breit – also auch mehr als 200 Seemeilen. In diesem Fall kann ein Staat vor der – jetzt kommt‘s – Festlandsockelkommission der UN beantragen, dass er auch dort Hoheitsrechte bezüglich der natürlichen Ressourcen erhält. Dafür muss er beweisen, dass es sich bei dem Gebiet tatsächlich um eine natürliche Verlängerung seines Landgebietes handelt. Die Kommission prüft das Anliegen und gibt anschließend eine Empfehlung ab. Aufgrund dieser Empfehlung werden die Außengrenzen des Festlandsockels verbindlich festgelegt. Sie heißt deshalb offiziell UN-Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels (Commission on the Limits of the Continental Shelf, CLCS). Weitere Informationen dazu:

Weshalb ist das Wasser im antarktischem Zirkumpolarstrom weniger salzig? Ermöglicht das mehr Leben?

Die großen Meeresströmungen sind der Motor unseres Klimas, da sie das Wasser der Meere über den ganzen Planeten transportieren. Für Deutschland ist zum Beispiel der Golfstrom von unschätzbarer Bedeutung. Ohne ihn wäre es bei uns viel kälter. Der antarktische Zirkumpolarstrom wiederum ist die dominante Meeresströmung der südlichen Erdhalbkugel mit Auswirkungen auf den ganzen Globus.  Er verbindet den atlantischen, pazifischen und indischen Ozean und treibt kaltes Meerwasser von Westen nach Osten, im Uhrzeigersinn, immer um die Antarktis herum. Ein wichtiger Antrieb für diese mächtigen Meeresströmungen sind Unterschiede in der Dichte des Meerwassers. Diese entstehen durch Unterschiede bei der Temperatur und beim Salzgehalt. Das Wasser strömt jeweils von der höheren zur geringeren Dichte, das kann sowohl horizontal wie vertikal erfolgen. Kaltes, salzreiches Wasser etwa hat eine hohe Dichte und sinkt schnell ab. Dieser Effekt bestimmt den Salzgehalt des antarktischen Zirkumpolarstroms.

Für das Leben im Meer ist wiederum das Nährstoffangebot entscheidend. An vielen Stellen im Südpolarmeer vor der Antarktis gibt es im Sommer jede Menge Plankton, also tierische (Zooplankton) oder pflanzliche (Phytoplankton) Kleinstlebewesen. Zum Beispiel Krill oder Kieselalgen. Letztere benötigen Sonnenlicht und bestimmte Nährstoffe – dann können sie sich unglaublich schnell vermehren und es entstehen Algenblüten. Davon wiederum ernährt sich Krill. Licht und Nährstoffe sind hierbei wichtiger als der Salzgehalt. Weitere Informationen dazu:

Warum sind die Konzentrationen von Nitrat und Stickstoff in Ost-und Nordsee weiterhin zu hoch?

Stickstoff ist in Form von Nitrat- und Ammoniumionen, die Pflanzen aufnehmen und verarbeiten können, ein Nährstoff. Im Meer ist er normalerweise wenig vorhanden – darum wachsen Algen in der Regel nur in begrenzten Mengen. Jedoch wird in der Landwirtschaft sehr viel Dünger und Gülle auf den Feldern verwendet. Dünger und Gülle enthalten jeweils viele Stickstoffverbindungen und die Nutzpflanzen können nicht alles aufnehmen. Regen trägt überschüssiges Nitrat und Ammonium aus dem Boden dann zunächst ins Grundwasser, darüber gelangen die Nährstoffe in die Flüsse und landen schließlich im Meer. So gibt es die Mangelware Stickstoff auch in der Ost- und Nordsee plötzlich im Überschuss und sorgt durch ein starkes Wachstum von pflanzlichem Plankton und anderen Algen für vermehrte Algenblüten. Weitere Informationen zum Stickstoffkreislauf:

Weshalb kommt es durch den Klimawandel zu mehr Stürmen?

Das Ergebnis des Weltklimareports, dessen erstes Kapitel des sechsten Sachstandberichts im August 2021 erschienen ist, zeigt: „Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen.“ Und weiter: „Viele Veränderungen im Klimasystem werden in unmittelbarem Zusammenhang mit der zunehmenden globalen Erwärmung größer. Dazu gehören die Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzeextremen, marinen Hitzewellen und Starkniederschlägen sowie in einigen Regionen von landwirtschaftlichen und ökologischen Dürren, eine Zunahme des Anteils heftiger tropischer Wirbelstürme sowie Rückgänge des arktischen Meereises, von Schneebedeckung und Permafrost.“ Nachzulesen ist das hier, in dem Dokument „Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger: https://www.de-ipcc.de/350.php

Demnach werden vor allem tropische Wirbelstürme häufiger und heftiger. Das liegt an folgendem: Hurrikane, Zyklone und Taifune beziehen ihre Energie aus der Temperatur des Meeres unter ihnen – je wärmer das Wasser, desto höhere Windgeschwindigkeiten kann der Sturm entwickeln. Entsprechend hat er größere Zerstörungskraft, wenn er auf Land trifft. Dieses Phänomen kann zudem mit stärkeren Regenfällen auftreten. Je stärker sich das Meerwasser durch den Klimawandel erwärmt, desto mehr verdunstet an der Meeresoberfläche. Dazu trägt die immer wärmere Luft bei – sie kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Solche höhere Verdunstungsraten über dem Meer verstärken zum Beispiel die Intensität von Starkregenereignissen. Ein Beispiel dafür war der Tropensturm Imelda, der Mitte September 2019 über den Süd­Osten des US-Bundesstaates Texas wütete und aufgrund seiner außergewöhnlich hohen Niederschläge große Überschwemmungen auslöste. Weitere Informationen dazu:

Welche Anstrengungen zur Reduktion der Phosphoreinträge in die Ostsee gibt es?

Zunächst einmal: Phosphor an sich ist nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Es handelt sich dabei um einen wichtigen Nährstoff für alle Lebewesen. Das Problem ist, dass Phosphor bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Düngemittel eingesetzt wird. Infolgedessen stieg die Konzentration von Phosphor insbesondere in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts an und führte in den Küstengewässern weitverbreitet zur Überdüngung. So auch in der Ostsee, wie „tote Zonen“ im Tiefenwasser und übermäßiges Blaualgen-Wachstum, zeigen.

Eine wichtige Maßnahme, um Phosphor-Einträge zu verringern ist eine bessere Klärwerkstechnik, denn viel Phosphor wird aus Haushalten über die Flüsse ins Meer gespült. Diese Maßnahme zeigt Wirkung und so konnte Phosphor aus dieser Quelle seit Anfang der 1980er verringert werden. Aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher können zur Reduzierung von Phosphor beitragen, indem sie zum Beispiel phosphatfreie Spül- und Waschmittel verwenden. Eine große Quelle ist außerdem die Landwirtschaft. Besonders nach starken Regenfällen wird viel Phosphor aus Düngemitteln aus dem Boden ins Grundwasser und dadurch erst in die Flüsse und dann ins Meer gespült. Hier soll eine neue Düngemittelverordnung Abhilfe schaffen. Weitere Informationen dazu:

Wie werden die Effekte von Unterwasser-Schalleinträgen untersucht?

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) schreibt zum Thema Unterwasserlärm: „Die Folgen von impulshaftem oder permanentem Unterwasserlärm sind vor allem für sich primär akustisch orientierende Wale und Delphine problematisch. (…) Wale wie z.B. die in Nord- und Ostsee heimischen Schweinswale (Phocoena phocoena) sind in höchstem Maße von ihrem Gehör abhängig. Über Echoortung finden sie Beute, einen Partner oder navigieren sicher durch die Unterwasserwelt. Intensive Schallereignisse, welche z.B. beim Einsatz von Airguns oder beim Errichten von Bauprojekten im Meer entstehen, können zu einer Verschlechterung der Hörempfindlichkeit führen.“

Dazu, wie diese Erkenntnisse gewonnen werden, heißt es: „Das BfN finanziert im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprogramms in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee Forschungsprojekte zum Thema Unterwasserschall. Es werden in verschiedenen Teilprojekten das Hörvermögen und Verhalten von Schweinswalen (Phocoena phocoena) und Kegelrobben (Halichoerus grypus) bei Lärm erforscht. Dabei werden u.a. audiometrische Messungen durchgeführt und Stresshormone von Schweinswalen nach der kontrollierten Beschallung mit einer Airgun gemessen. Darüber hinaus wurden freilebende Schweinswale und Robben mit einem automatischen Fahrtenschreiber ausgestattet. Der Datenlogger speichert neben Wassertiefe und Schwimmgeschwindigkeit die momentane Position des Tieres sowie den umgebenen Schall (Lautäußerungen des Tieres selbst und anderen natürlichen und anthropogen verursachten Unterwasserschall).“

Wie wird die Schallbelastung der Meere bewertet?

Gemeinhin gehen wir Menschen davon aus, dass es unter Wasser still ist. Doch das ist falsch. Es gibt eine natürliche Klangkulisse, die sich aus den unterschiedlichsten biologischen und geologischen Quellen speist – sei es der Wind im Wasser, sei es Strömungen an Felsen oder Wale und Robben, die miteinander über Laute kommunizieren. Daneben gibt es aber vor allem die menschengmachten Geräusche: Schiffsmotoren, Schleppnetze am Meeresboden, Sprengungen und Rammen für Unterwasserbauten wie Offshore-Anlagen sind nur einige davon.

Wie stark diese Belastung ist, zeigt zum Beispiel eine Meta-Analyse, die 2021 in dem renommierten Wissenschaftsmagazin Science erschienen ist (Duarte et al. Science 371 (2021), DOI: 10.1126/science.aba4658) und für die rund 500 Studien ausgewertet wurden. Dort heißt es, dass die Tonhöhen des Meereslärms zum Großteil genau in dem Bereich liegen, in dem Meerestiere miteinander kommunizieren. Eine Folge sei, dass sie sich nicht mehr richtig verständigen können. Ein Beispiel laut der Analyse: In den letzten 50 Jahren habe der ständig wachsende Schiffsverkehr den niederfrequenten Lärm entlang der Hauptrouten um schätzungsweise das 32-Fache verstärkt.

Es gibt inzwischen kaum noch Orte im Meer ohne „künstliche“ Geräusche. Eine Ausnahme bildet das Weddellmeer vor der Antarktis. Hier haben Forschende des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) im Jahr 2006 feste Unterwasserrekorder aufgebaut. Seitdem verfolgen die Wissenschaftler in einer Langzeitstudie, wie sich die natürlichen Geräusche unter Wasser anhören und wie sich zum Beispiel Buckelwale verständigen und verhalten (Schall E., Thomisch K., Boebel O., Gerlach G., Spiesecke S., Van Opzeeland I., Royal Society Open Science 7 (2020), https://doi.org/10.1098/rsos.201347)

Geräusche unter Wasser sind auch nicht immer gleich. Sie variieren – je Temperatur, Salzgehalt oder Druck. Das liegt daran, dass Töne selbst Druckwellen sind, die die Moleküle im Wasser komprimieren und dekomprimieren. Wenn das Wasser wärmer ist, vibrieren die Moleküle schneller, wodurch sich die Schallwellen schneller ausbreiten können. Der Druck ist umso höher, je tiefer man geht. Um dies zu messen, verwenden Forschende zum Beispiel so genannte Hydro-Phones, also Unterwasser-Mikrofone, die Druckunterschiede messen. Weitere Informationen dazu:

Warum gibt es so viele Bewertungslücken für die Fischbestände in der Ostsee?

Die Bewertung von Fischbeständen ist ein sehr wichtiges aber auch sehr kontroverses Thema, da sie die Grundlage der Fangquoten darstellen. Für die Ostsee hat das Thünen-Institut für Ostseefischerei das Portal www.fischbestaende-online.de erstellt. Dort steht nach Fischarten aufgeschlüsselt, wie die aktuelle Situation jeweils ist. Die  Quellen dafür sind nach Angaben des Instituts (siehe unter https://www.thuenen.de/de/themenfelder/produktions-und-nutzungssysteme/fischerei/der-hering-auch-2022-wieder-fisch-des-jahres/bestandsuntersuchungen-und-surveys ) :

  • Daten der Fischer über Fänge und Anlandemengen (z.B. Logbücher und Anlandeerklärungen),
  • Biologische Daten über die Fangzusammensetzung und Rückwürfe von unseren Seebeprobungen auf kommerziellen Fischereifahrzeugen,
  • eigene, regelmäßige Surveys mit den bundeseigenen Fischereiforschungsschiffen, um Informationslücken der anderen Datenquellen zu füllen und repräsentativ die gesamten Verbreitungsgebiete abzudecken. Diese Surveys liefern zum Beispiel mit den Daten zur Nachwuchsproduktion, wesentliche Informationen für die Bestandsberechnungen.

Außerdem erstellt der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) mit Sitz in Kopenhagen regelmäßig einen Überblick über Fischerei und Fischbestände in der Ostsee: https://www.ices.dk/advice/Fisheries-overviews/Pages/fisheries-overviews.aspx

Ein Grund für Bewertungslücken ist zum Beispiel, dass bei den Erhebungen oftmals nicht zwischen verschiedenen Arten einer Spezies unterschieden wird – es gibt also nur Daten für den Aal, nicht aufgeschlüsselt nach „Europäischem Aal“ etc. Problematisch ist aber vor allem, dass es keine staatenübergreifende Institution zur Erhebung von Fischbeständen gibt. Jeder Staat ist selbst verantwortlich. Es kann also kaum überprüft werden, ob die veröffentlichten Daten vollständig und richtig sind. In vielen Fällen kann der tatsächliche Status von Beständen daher kaum eingeschätzt werden. Weitere Informationen dazu:

  • Die Kommission für den Schutz der Meeresumwelt der Ostsee – auch bekannt als Helsinki-Kommission (HELCOM) – ist eine zwischenstaatliche Organisation (IGO) und eine regionale Meereskonvention für den Ostseeraum. Hier gibt es viele Informationen zum Thema Fisch und Fischerei. Mehr unter https://helcom.fi/baltic-sea-trends/biodiversity/

Wie groß ist die Verdrängung von Meeresvögeln durch Betrieb von Offshore-Windparks?

Im Rahmen des Baus von Offshore-Windparks gibt es begleitende Forschung zur Auswirkung auf Seevögel. Ein Projekt führt zum Beispiel die Universität zu Kiel am Beispiel der Seetaucher durch. Seetaucher stehen für die Bewertung möglicher Effekte von Offshore-Windparks bereits seit vielen Jahren im Fokus der deutschen Genehmigungsbehörden, weil Seetaucher im Frühjahr in der Deutschen Bucht ihr nordseeweit bedeutendstes Vorkommen haben und auf Windparks mit starkem Meideverhalten reagieren. Ein Ergebnis der Studie: Insgesamt sanken die Individuenzahlen der Seetaucher in allen Windpark zusammen um fast ein Drittel, von 34.865 Tieren vor dem Bau auf 24.672 Tiere nach dem Bau.

Gibt es Bewertungsverfahren für Nahrungsnetze und Ökosystemstrukturen in den Meeren?

Nein, sie befinden sich in der Entwicklung. Zum Hintergrund: die Europäische Union gibt vor, dass der ökologische Zustand von Nord- und Ostsee regelmäßig erhoben und gefragt wird: Wie gesund sind die Ökosysteme? Ursprünglich sollte bis 2020 ein guter ökologischer Zustand erreicht sein – dieses Ziel wurde verfehlt.

Im Rahmen der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) gibt es verschiedene Indikatoren und Kriterien für die Beschreibung des Zustands der Meere, gleichzeitig ist für verschiedene Bestandteile des marinen Ökosystems ein „Guter Umweltzustand“ definiert, der durch die Entwicklung geeigneter Strategien und Maßnahmen erreicht, beziehungsweise erhalten werden soll. Die aktuelle Bestandsaufnahme der Nordsee beschreibt den Umweltzustand anhand von verschiedenen Themenfeldern: Invasive Arten, kommerzielle Fische und Schalentiere, Nährstoffe (Eutrophierung), Schadstoffe, Müll im Meer, Einleitung von Energie, Zustand von Fischen, Vögeln, Marinen Säugetieren, Marinen Lebensräumen, Ökosystemen und Nahrungsnetzen.

Für alle gibt es spezielle Bewertungsverfahren, die an die jeweiligen Bereiche angepasst sind. Die Bewertungsverfahren für Nahrungsnetze und Ökosystemstrukturen befinden sich allerdings noch in Entwicklung. Grund ist die Komplexität der Zusammenhänge zwischen Nahrungsnetzen und Ökosystemstrukturen. So können Beeinträchtigungen einzelner Bestandteile der Meeresumwelt Kettenreaktionen in Ökosystemen verursachen, die aber durch die Komplexität der Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit anderen Wirkfaktoren häufig nur schwer zu identifizieren und zu quantifizieren sind.

Wie entstehen die Meereswellen und weshalb sind sie unregelmäßig?

Wellen entstehen in der Regel durch Wind, der über das Wasser bläst. Er führt ihm dadurch Energie zu und versetzt die Wassermoleküle in Bewegung. Diese Energie breitet sich im folgenden als Wellen im Wasser aus. Je stärker der Wind, desto mehr Energie wird zugeführt und desto stärker sind auch die Wellen. Eine große Rolle spielt dabei auch der Meeresboden vor der Küste. Wenn er vor der Küste ansteigt – also das Wasser flacher wird, bricht irgendwann die Welle und es entsteht die sogenannte Brandung, die alle kennen, die schonmal an der Nordsee waren.

Ein Sonderfall bei den Meereswellen sind Tsunamis. Sie werden nicht durch Wind verursacht, sondern zum Beispiel durch Seebeben oder Vulkanausbrüchen unter der Wasseroberfläche. Bei solchen Ereignissen wird sehr viel Energie freigesetzt und es können sehr plötzlich Wellen entstehen, die mehrere 20 Meter hoch sind. Ein Beispiel ist die Katastrophe von 2004 als die Küsten Südasiens und Ostafrikas im indischen Ozean von einem riesigen Tsunami getroffen wurden. Mindestens 230.000 Menschen starben, etwa 1,7 Millionen wurden obdachlos. Weitere Informationen dazu:

Ist der der marine Sand- und Kiesabbau noch vertretbar?

Jährlich werden Millionen Tonnen Sand und Kies als Rohstoffe benötigt, zum Beispiel für den Bau von Straßen und Häusern, aber auch für den Küstenschutz. Doch woher stammt das Mini-Geröll? Die Antwort: Zu großen Teilen aus dem Meer. Lange wurden Nord- und Ostsee als unerschöpfliche Sand- und Kiesquellen genutzt – doch langsam wird deutlich, dass auch dieser Rohstoff seine Grenzen hat. Der Abbau wird zunehmend zu einer Gefahr für die marinen Ökosysteme, die ja sowieso schon durch die vielfältige Nutzung der Meere stark unter Druck stehen.

So bietet Sand den Lebensraum für eine hochspezialisierte Lebensgemeinschaft von Bodenlebewesen und Mikroben: auf jedem einzelnen Sandkorn leben bis zu 100.000 Bakterien. Diese Bakterien reinigen unter anderem das Meerwasser. Die kleinen Lücken zwischen den Körnern wiederum bewohnen eine Vielzahl von wirbellosen Kleinsttieren. Aber auch Krustentieren, Seeigel sowie Fischarten wie Plattfische sind auf den Lebensraum Sand angewiesen.

Aus Naturschutzsicht ist deshalb die Antwort auf die Frage, ob der marine Sand- und Kiesabbau noch vertretbar ist, klar nein – zumindest wenn der Rohstoff für Baumaßnahmen an Land gedacht ist und vor allem, wenn er in Schutzgebieten gewonnen werden soll. So fordert zum Beispiel der Naturschutzbund NABU, dass die Entnahme mariner Kiese- und Sand nur für notwendige Küstenschutzmaßnahmen und nur außerhalb von Meeresschutzgebieten unter Einhaltung effektiver Umweltstandards möglich sein sollte. Weitere Informationen dazu:

Fließt in Dürrejahren zu viel Wasser aus den Seen in die Meere? Muss man Stauen?

Die derzeitigen Dürrejahre machen klar: Deutschland braucht ein nachhaltiges Wassermanagement. Ob allerdings das Stauen von Seen dazugehört, ist mehr als fraglich. Zum einen natürlich aus ökologischen Gründen: Die Flora und Fauna ist in Flüssen und Seen bereits jetzt stark belastet. Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen, denn das Wasser in den Flüssen wird für die Schifffahrt benötigt, genauso wie die Zufahrt zum Meer.

Außerdem muss nach dem Wasserkreislauf gefragt werden: Wie landet das Wasser in den Seen und wie verliert der See das Wasser?  Bei ersterem gibt es verschiedene Möglichkeiten – so gibt es Seen, die sich hauptsächlich durch Niederschlag speisen, andere bekommen ihr Nass hauptsächlich aus dem Grundwasser und wieder andere profitieren davon, dass Flüsse in sie hineinfließen. Natürlich gibt es dabei viele Mischformen. Ähnlich verhält es sich bei der Frage nach dem Abfluss des Wassers. Wo landet es? Da ist zu einem die menschliche Nutzung zu nennen: Ein Großteil wird zur Bewässerung von Feldern, in der Industrie oder in Wasserkraftwerken verwendet. Ein weiterer Teil landet über Verdunstung in der Atmosphäre – ein Anteil, der insbesondere in warmen Dürrejahren steigt. Und dann ist da noch der Abfluss in die Flüsse und Kanäle.

Doch auch Stauseen sind in Dürrejahren kein Wassergarant. Wenn der Niederschlag ausbleibt, der Grundwasserspiegel sinkt und ebenso der Wasserstand der Flüsse – dann kommt auch immer weniger Nachschub in die Seen. Ein Beispiel ist hier der Edersee, einer der größten Stauseen in Deutschland, der im Jahr 2017 weitgehend ausgetrocknet war.

Ein nachhaltiges Wassermanagement berücksichtigt die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte im Umgang mit unserem Wasser. Das Aufstauen von Seen in Dürrejahren klingt nach einer einfachen Idee, die so aber nicht funktioniert. Dafür sind die Zusammenhänge und Folgen viel zu komplex.

Welche Lebewesen sterben durch Einnahme von Mikroplastik aus?

Regelmäßig sterben Meeressäuger an Plastik, eine eindrucksvolle Beschreibung davon gibt es zum Beispiel hier beim Bayerischen Rundfunk: https://www.br.de/nachrichten/wissen/warum-so-viele-tiere-durch-plastikmuell-im-meer-sterben,RMknbBd. Was sich bei Plastik leicht zeigen lässt, ist bei Mikroplastik umso schwieriger. Dabei handelt es sich – wie der Name schon sagt – um winzig kleine Plastikteilchen, die oft mit dem menschlichen Auge kaum noch zu erkennen sind. Sie stammen zum Beispiel von größeren Plastikprodukten, die im Meer zerfallen oder zerrieben wurden. Sie kommen aber auch aus Kosmetikprodukten, künstlichen Stoffen wie Vlies oder vom Abrieb von Autoreifen. Diese minikleinen Plastikteile werden von Kleinstorganismen im Meer aufgenommen und dann durch die Nahrungskette bis zum Menschen durchgereicht.

Die Effekte von Mikroplastik in lebenden Organismen sind allerdings weitgehend unerforscht, so dass es eine große Unsicherheit gibt, welche direkten Schäden entstehen können. Es gibt erste Studien zu dem Thema, zum Beispiel beim Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar-und Meeresforschung. In einer Studie von Julia Hämer, Lars Gutow und anderen von 2014 konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Asseln Mikroplastik einfach wieder ausscheiden. Zum Vergleich:  Miesmuscheln können dagegen Entzündungen entwickeln (von Moos, Burkhardt-Holm, Köhler. 2012). Weiterhin können die Mikroplastikpartikel Schadstoffe transportieren, die in die Körperzellen von Organismen eindringen können (Nature, 2021).

Generell ist es nach bisherigem Wissenstand so, dass es Unterschiede zwischen den Tieren zu geben scheint, insgesamt aber ein hohes Potenzial zur Schädigung durch Mikroplastik vorhanden ist. Ob allerdings Lebewesen durch die Einnahme von Mikroplastik aussterben können, ist völlig unklar. Sicher dürfte nur sein: Je weniger Mikroplastik ein Tier aufnimmt, umso besser für das Tier. Weitere Informationen dazu:

Welche Technologien können wirklich mehr Klimawandel aufhalten als antreiben?

Das ist eine gute Frage. Bisher scheint es so zu sein, dass es viele verschiedene Technologien gibt – sehr viele zum Beispiel im Effizienzbereich. Doch zeichnet sich leider ab: Je effizienter eine Technologie ist, desto mehr wird sie genutzt und macht dadurch den Effizienzgewinn zunichte. Das nennt sich Rebound-Effekt. Ein Beispiel dafür ist der Straßenverkehr. Hier steigen die CO2-Emissionen an, obwohl die Motoren immer sparsamer geworden sind. Der Grund: Gleichzeitig wurden die Autos immer größer und leistungsstärker. Darum ist es naiv davon auszugehen, dass allein Technologien den Klimawandel aufhalten können. Es kommt immer auf uns Menschen und unser Verhalten an. Wir werden den Klimawandel nicht stoppen können ohne unser Verhalten zu ändern.

Was kann die Kunst für die Wissenschaft tun?

Kurz und knapp: Kunst kann die Wissenschaft ergänzen. Kann zum Beispiel dazu beitragen, Wissenschaft einem breiten Publikum zugänglich(er) zu machen. Kunst kann die oft trockenen Fakten der Wissenschaft erlebbar und greifbarer machen. Mit Farben und Formen ausdrücken, wofür Forschende eine Fachsprache verwenden.  Kunst muss aber nicht immer visuell sein – sie kann auch klingen, wie zum Beispiel in dem Projekt der klingenden Arktis und Antarktis: https://hifmb.de/polar-sounds/

Außerdem bestehen aber auch Parallelen zwischen den beiden Bereichen. Beide werden in Artikel 5, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes in einem Atemzug genannt: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Das zeigt, dass beides für die geistige und kommunikative Persönlichkeit des Einzelnen von so hoher Bedeutung ist, dass sie via Grundgesetz geschützt sind.

Warum dauert der Ausbau von solar- bzw. E-Antrieben bei der maritimen Industrie so lange?

Ein Schiff zu bauen ist sehr teuer. Darum werden Schiffe – einmal gebaut – lange genutzt, um die Investitionskosten wieder reinzuholen. Die Entscheidung, welchen Antrieb man verwendet, ist durch die lange Nutzungsdauer also sehr wichtig. Gleichzeitig ist es sehr risikoreich, unerprobte Systeme zu verwenden und entsprechend rückwärtsgewandt war oft die Entscheidung, welcher Antrieb eingebaut wird.

Aber so langsam tut sich auch etwas in der maritimen Industrie und es werden zunehmend alternative Antriebe diskutiert. Wobei hier Wasserstoff als mögliche Antriebstechnologie der Zukunft im Mittelpunkt steht. Solar- und E-Antriebe sind vor allem bei kleineren Schiffen von Interesse. Weitere Informationen dazu:

Wer finanziert den Großteil der deutschen Wissenschaft?

Forschung wird in Deutschland zu einem großen Teil durch die öffentliche Hand finanziert. Die Bundesländer beispielsweise stellen Forschungsinfrastrukturen zur Verfügung – so bauen und betreiben sie Hochschulen. Außerdem finanzieren Bund und Länder gemeinsam außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Helmholtz-Gemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft.

Eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von Forschungsvorhaben spielt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie ist die Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland und fördert Forschung in allen ihren Formen und Disziplinen an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aus der Wissenschaft selbst entwickelten Vorhaben im Bereich der erkenntnisgeleiteten Forschung. Finanziert wird sie zu zwei Drittel vom Bund und ein einem Drittel durch die Länder. Neben den Förderungen in Deutschland durch etwa die DFG können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso Gelder aus der EU beantragen oder in einem geförderten internationalen Projekt arbeiten. Daneben gibt es aber noch weitere Möglichkeit zur Förderung von Forschungsvorhaben, etwa durch Auftragsforschung oder Förderung aus der Privatwirtschaft. Weitere Informationen:

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